Wichtiger Sieg für ehemalige Sexarbeiterinnen in Korea

Der Oberste Gerichtshof verurteilt die koreanische Regierung aufgrund von Förderung und Beihilfe von Prostitution für das US-Militär zu Schadensersatzzahlungen für alle Betroffenen.

Am 29.09.2022 hat der Oberste Gerichtshof in Korea eine Entscheidung bezüglich der Klage ehemaliger Sexarbeiterinnen gegen den Staat getroffen. Diese Frauen haben während und nach dem Koreakrieg in sogenannten „Prostitutionscamps“ (Gijichon, 기지촌) nahe der US-Militärstützpunkte gelebt und gearbeitet. Das Gericht ordnete an, dass allen 95 ehemaligen Sexarbeiterinnen vom Staat eine Kompensation zwischen 3 und 7 Millionen Won (ca. 2.100$ – 4.900$) gezahlt werden muss.

Die Zeitzeugin Kim Suk-Ja erzählt, dass die Frauen in diesen Camps eingesperrt waren und durch den Handel mit Sex sowohl physische als auch psychische Schäden erlitten haben. Sie wurden von der Regierung gezwungen sich als Prostituierte für das US-Militär registrieren zu lassen, sich zwei Mal die Woche auf Geschlechtskrankheiten testen zu lassen und diese Ergebnisse dann einzureichen. Weigerte sich eine der Frauen, oder waren ihre Testergebnisse positiv, wurde ihr eine Ausgangssperre auferlegt. Als die Zahlen für die Ansteckung mit Geschlechtskrankheiten unter den US-Soldaten und den Sexarbeiterinnen in den 70ern ein Hoch erreichten, mussten die Frauen wöchentlich Penizillin nehmen, was zu schmerzhaften Nebenwirkungen, oder sogar zum Tod führte. Kim Suk-ja berichtete außerdem von 4 Abtreibungen in 13 Monaten, die sie durchführen lassen musste.

Mit der Entscheidung in diesem Fall und dem erbrachten Beschluss erkannte das oberste Gericht Koreas die Duldung und Förderung dieser Camps durch die Regierung an. In Armut lebende koreanische Frauen und Mädchen wurden vom Staat „ermutigt“ sich für US-Soldaten zu prostituieren, um sich weiterhin die Unterstützung des US-amerikanischen Militärs zu sichern. Beginnend in den 60er Jahren schickte die Regierung außerdem Frauen und Mädchen durch den sogenannten Sex-Tourismus nach Japan, um durch Prostitution für japanische Männer ausländische Währungen ins Land zu bringen. Der Sex-Tourismus und ähnliche Gewerbe erwirtschafteten zu dieser Zeit ca. 1,5 Mio. US-Dollar, was 1,5% des gesamten Exports Südkoreas entsprach. Der koreanische Sex-Tourismus endete in den 80ern, doch diese Camps am Rand von Militärbasen gibt es bis heute.

Der oberste Gerichtshof schrieb in seinem Beschluss: „Die Bildung und Betreibung der Prostitutionscamps für US-Militärstützpunkte durch die Regierung, und die Vermittlung von und Beihilfe zur Prostitution, ist eine Verletzung der Achtung der Menschenrechte. Diese Handlungen gelten als Verletzung von Menschenrechten unter dem Rahmengesetz für die Beilegung von vergangenen Angelegenheiten für Wahrheit und Aufarbeitung („Framework Act on Settling Past Issues for Truth and Reconciliation“). Daher unterliegt eine Aufforderung an den Staat zur Zahlung von Schadensersatz für diese Klagen nicht der Verjährungsfrist.“

Dieser Beschluss gibt den betroffenen Frauen ein Stück Gerechtigkeit, doch das Urteil kommt spät. Von anfangs 120 Frauen, die diese Klage 2014 vor Gericht brachten, leben heute noch 95. Und trotz diesem wichtigen Erfolg in der Aufarbeitung ist es immer noch ein weiter Weg bis zur kompletten Abschaffung des Systems zur Ausbeutung von Frauen und Mädchen und geschlechtlicher Gewalt auf der ganzen Welt, ganz besonders in Randpopulationen.

Für weitere Informationen zum Thema:

https://taz.de/Suedkorea-betrieb-Prostitutionscamps/!5880522/

http://english.hani.co.kr/arti/english_edition/e_national/1060900.html