Historisches Gerichtsurteil in Seoul – Japan zu Entschädigungszahlungen verurteilt

Am 8. Januar 2021 wurde am Seoul Central Bezirksgericht ein Urteil in einer Zivilklage von Überlebenden des „Trostfrauen“-Systems und deren Angehörigen gegen den japanischen Staat gefällt, das weitreichende Auswirkungen, unter anderem auf die Handhabe internationalen und transnationalen Rechts sowie die Durchsetzung der Menschenrechte, hat.

Das Gericht entschied, dass das japanische Kaiserreich schuldig am Aufbau, Ausbau und Betrieb des vom japanischen Militär während des Asien-Pazifik-Krieges eingerichteten Zwangsprostitutionssystems war. Es entschied auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit und verurteilte den japanischen Staat zu Zahlungen in Höhe von umgerechnet 75.000 € an die Kläger.

Japan protestierte umgehend und bestellte zudem den koreanischen Botschafter ein. Es wird zudem ein zweites Urteil in einem weiteren Prozess am Gericht erwartet, bei dem es ebenfalls um eine Klage Überlebender gegen Japan geht. Unabhängig vom Ausgang sind diese aber zunächst ein weiterer großer Schritt für die ehemaligen „Trostfrauen“ und ihre Unterstützer, da so die Diskussion auf eine international viel bedeutendere Ebene gebracht wird.

Das Statement des Korean Councils und weiterer Unterstützerorganisationen zum Gerichtsurteil vom 8. Januar 2021:

Wir begrüßen die historische Entscheidung eines südkoreanischen Gerichtshofs zur Lösung der „Trostfrauen“ – Frage!

Das Seoul Central Bezirksgericht (Zivilkammer 34, vorsitzender Richter Kim Jeong-Gon) gab heute eine historische Entscheidung bekannt und erkannte die Verantwortung der japanischen Regierung an, den Opfern der japanischen militärischen sexuellen Sklaverei (den „Trostfrauen“) Wiedergutmachung zu leisten.

Diese Entscheidung steht nicht nur im Einklang mit der Verfassung der Republik Korea, sondern ist auch wegweisend für die Bestätigung des Menschenrechtsprinzips nach internationalem Menschenrecht.

Das heutige Urteil hat einen neuen Horizont für den Schutz der Menschenrechte eröffnet, dem nicht nur innerstaatliche Gerichte, sondern auch Gerichte auf der ganzen Welt folgen können. Wir begrüßen aufrichtig die Entscheidung des südkoreanischen Gerichts, seiner Verantwortung als „letzte Bastion der Menschenrechte“ nachzukommen, indem den verzweifelten Appellen der Opfer endlich Gehör geschenkt wird.

Die Opfer haben das Verbrechen der sexuellen Sklaverei durch das japanische Militär mit unzähligen öffentlichen Zeugnissen aufgedeckt und eine gerechte Lösung gefordert, die auf den Prinzipien des opferzentrierten Ansatzes beruht. Die Durchsetzung einer solchen Lösung wurde jedoch wiederholt vermieden. Ein japanisches Gericht wies die Forderungen eines Opfers nach Gerechtigkeit zurück und erklärte die Schuld der japanischen Regierung mit dem Vertrag von 1965 für getilgt. Entschädigungsprogramme für die Opfer wurden auch in der sogenannten südkoreanisch-japanischen Vereinbarung von 2015 vollständig ausgeschlossen. Und auch noch nach dem Abkommen hat die japanische Regierung historische Fakten verzerrt und die japanische militärische sexuelle Sklaverei erneut bestritten. Darüber hinaus hält die japanische Regierung an ihren Versuchen fest, das Problem der „Trostfrauen“-Frage zu beseitigen, indem sie die weltweite Errichtung von Friedensstatuen stört, die ein Symbol für Menschenrechte, Frieden und Rechte von Frauen ist.

Da die Täter ihre Verbrechen ständig abstreiten und andere wirksame Abhilfemaßnahmen fehlten, klopften überlebende Opfer mit der Verzweiflung der letzten Hoffnung an die Tür dieses südkoreanischen Gerichts. Das Urteil ist eine Antwort, die diesen letzten Ruf nach Gerechtigkeit der Opfer nicht ignoriert. Es ist eine deutliche Erklärung, dass bei schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen wie im Fall der japanischen militärischen Sexualsklaverei die Grundsätze der Menschenwürde, des Wertes eines menschlichen Lebens, des Rechts auf Zugang zur Justiz und die Wahrung der Menschenrechte Vorrang vor der staatlichen Immunität haben.

Viele der Klägerinnen sind während des Prozesses verstorben und nur fünf von ihnen leben noch heute. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Die japanische Regierung sollte dem Urteil folgen und unverzüglich Wiedergutmachung leisten. Darüber hinaus sollte sich die japanische Regierung der Frage der sexuellen Sklaverei, die als eine der schwerwiegendsten Menschenrechtsverletzungen im 20. Jahrhundert gilt, stellen, sich entschuldigen und aufrichtig gedenken, und selbstverständlich aktiv die Wahrheit untersuchen und darüber aufklären, um ihre „gesetzlichen Pflichten“ zu erfüllen. „Wir glauben, dass die heutige historische Entscheidung als Kompass für eine gerechte Lösung des Problems dienen und am 13. Januar erneut ratifiziert wird, wenn das Seoul Central Bezirksgericht (Zivilkammer 15, Vorsitzender Richter Min Seong-cheol) über eine weitere Klage von Überlebenden entscheidet.

8. Januar 2021

The Korean Council for Justice and Remembrance for the Issues of Military Sexual Slavery by Japan,
The Museum of Sexual Slavery by Japanese Military (House of Sharing),
Research Network on Japanese Military Sexual Slavery,
Tongyeong & Geoje Civil Assembly for Japanese Military Sexual Slavery, Masan,
Changwon and Jinhae Civil Assembly for Japanese Military Sexual Slaves,
Daegu Citizen’s Forum for Halmuni,
Peace Butterfly Network

Weitere Informationen

The Korean Council hat auf seiner Website weitere Informationen zu dem Gerichtsurteil gegen Japan zusammengestellt.

Presseberichte zur Gerichtsentscheidung

Südkoreanisches Gericht verurteilt Japan zu Zahlungen an Zwangsprostituierte, Der Spiegel, 08. Januar 2021

Entschädigung für Trostfrauen, Süddeutsche Zeitung, 08. Januar 2021

In a first, South Korean court orders Japan to compensate former ‘comfort women’, Japan Times, 08. Januar 2021

South Korean Court Orders Japan to Pay Compensation for Wartime Sexual Slavery, New York Times, 07. Januar 2021

Titelbild: Frau Lee Na-Young, Vorsitzende des Korean Council, bei Verlesung des Statements. Foto: Korean Council