Statement zum widerrechtlichen Abbau der Nujin-Friedensstatue durch die Leitung der Universität Kassel

Stellungnahme des Korea Verbands, vorgetragen von Nataly Jung-Hwa Han auf einer Informationsveranstaltung am Mittwoch, 15.03.2023, auf dem CampusGarten der Universität Kassel. 

Mit der Entführung des Kunstwerks ist die Friedensstatue “Nujin” zum tragischen Symbol für die Heuchelei und den Machtmissbrauch der Universität Kassel geworden. Es ist ein Angriff auf die Selbstbestimmungsrechte der Studierenden. Es ist beschämend für uns als Korea Verband,  dass so etwas in Deutschland passieren kann und jetzt leider passiert ist. 

Die Studierenden haben demokratisch mehrheitlich beschlossen, mit der Friedensstatue die Leerstellen der universitären Lehre zu füllen, und um sich nachhaltig mit der gesellschaftlich tabuisierten sexualisierten Gewalt in Kriegs- und Friedenszeiten selbstständig auseinanderzusetzen. Und jetzt hat die Universität eigenhändig dieses wichtige studentische Engagement zertrampelt und die Leerstelle nicht nur symbolisch, sondern auch physisch wiederhergestellt. Als Beweisstück dient hierzu das Protokoll des Studierendenparlaments vom 24.05.2022, welches öffentlich zugänglich für alle Interessierten auf der ASTA-Seite zu finden ist.

Wir wollen an dieser Stelle rekapitulieren, wie die Unileitung nachträglich Fakten fabrizierte, um ihre Fehler in der Angelegenheit zu vertuschen! Dazu wird sich dieses Statement ausführlich mit der Stellungnahme der Unileitung Kassel auseinandersetzen.  

1. War die Friedensstatue ein befristetes Projekt? Nein!

Der Korea Verband hat ab Mitte März 2022 angefangen, mit dem AStA die Aufstellung der Friedensstatue zur documenta fifteen vorzubereiten. Ursprünglich wollten wir tatsächlich die Statue, die sich in Dresden befand, nur während der Zeit der documenta ausstellen. Zu dem Zeitpunkt kam auch die Anfrage von der Leipziger Hochschule, diese Friedensstatue im Sommersemester auszustellen. Dazu sollte die Dresdner Friedensstatue auch am 15. August in Wolfsburg sein, weil sie im Rahmen  der großen Ausstellung „Empowerment: Planetarische Feminismen“ vom 8.9.2022 gezeigt werden sollte.

Als das Künstler*innenpaar Kim Seo-kyung und Kim Eun-Sung von diesem Vorhaben gehört hatte, waren sie bereit, die Statue den Studierenden zu schenken. Der AStA hat mit Hilfe des Rechtsamtes der Universität den Vertrag zur Dauerleihgabe abgestimmt. Am 24.05.2022 wurde er dann durch das Studierenden-Parlament verabschiedet. Da die Zeit dann so knapp wurde, konnten wir als Verein die Statue nicht zur Eröffnung von documenta aufstellen, sondern erst am 8.7.2022.

2. Wie fabrizierte die Unileitung die “Fakten” für ein befristetes Projekt

Unmittelbar nach der Aufstellung bekam die Unileitung Besuch vom japanischen Generalkonsul in Frankfurt. Anschließend wurde das Präsidium der Uni Kassel von einem Shitstorm der japanischen Rechten heimgesucht. Es ist uns aus anderen Fällen bekannt, dass sich die japanische Regierung bei den hessischen Landesministerien und beim Auswärtigen Amt beschwerte und die Entfernung der Friedensstatue forderte. Da die Unileitung nicht den Anschein geben möchte, dass sie auf Druck der japanischen Regierung eingeknickt ist, hat sie angefangen, diesen Druck auf den AStA weiter- und umzuleiten: Es gibt weder zwischen der Universität und dem Asta, noch zwischen Universität und Korea Verband einen schriftlichen Vertrag, weder befristet noch unbefristet. Die Unileitung schrieb am 20. Juli, also nachträglich nach der Aufstellung, dem Asta, dass sie die Aufstellung der Statue im CampusGarten genehmige, aber nur bis zum 30.09. Auf diese einseitige E-Mail beruft sie sich. Der AStA hat die Befristung nie akzeptiert.

3. Das Konstrukt des Senatsbeschlusses

Die Unileitung schlug dann der studentischen Senatorin vor, einen Antrag auf die dauerhafte Ausstellung der Friedensstatue beim Senat zu stellen. Das war die nächste Falle, denn diese Abstimmung ist ja gar nicht notwendig, wenn die Ausstellung vertraglich nie befristet war. Sowohl die Befristung als auch ihre Verlängerung und der Senatsbeschluss sind Versuche einer Fabrikation von Fakten, denen jegliche Grundlage fehlt.

4. Der Vergleich mit dem Projekt „Weg der Erinnerung“

Darauf, dass die Geschichte der „Trostfrauen“ keinen lokalen Bezug habe, möchte der Korea Verband nicht näher Bezug nehmen, da dieses Ausschlusskriterium für die Aufstellung der Friedensstatue nur von mangelndem Geschichtswissen und -verständnis zeugt. Die Friedensstatue wurde von dem Künstler*innen-Paar gestiftet, und von 3000 Spender*innen aus der ganzen Welt ermöglicht. Es gibt demnach keine ersichtlichen Gründe, die Friedensstatue nicht auf dem Gelände der Universität dauerhaft zu implementieren, die der Universität weder finanziell noch inhaltlich schadet. Die Universitätsleitung selbst unterstützte und begrüßte das Projekt. 

5. Lügen haben kurze Beine! In Korea lautet es: Lügen haben lange Schwänze.

Es ist wahr, dass die Unileitung das Projekt begrüßt hat und vielleicht auch so gefühlt hat, aber sie bekam Panik, als die japanische Regierung Druck ausgeübt hat. Sie weiß auch, dass die Geschichte der Frauen wahr ist. Bitte, die Trostfrauen-Frage ist keine umstrittene Geschichte mehr. Nein! Die japanische Regierung hat 1993 doch selbst offiziell ihr Verbrechen zugegeben. Statt mit den Studierenden und dem Korea-Verband offen über ihre unangenehme Lage zu kommunizieren, hat die Unileitung  angefangen, selbst ein Netz von Lügen zu spinnen. Mit dem unangekündigten Abriss ist meines Erachtens überflüssig geworden, ob der Vertrag zur Leihgabe zwischen dem AStA und dem Korea Verband rechtsgültig ist, ob der Asta rechtmäßig anhand des Überlassungsvertrags zwischen der Unileitung und dem Asta gehandelt hat. Wenn es jemals zum Gerichtsprozess kommen sollte, so wünschen wir uns als Verein, dass diese engagierten Studierenden, die sich  für die Gerechtigkeit engagieren und ihr Anliegen demokratisch durch das Stupa verabschieden ließen und stets bemüht waren, mit der Unileitung zu kommunizieren, gewinnen, und nicht das Universitätspräsidium, die das komplette Repertoire an Lügen auftischt. Der Korea Verband war bereit, einen anderen Standort zu suchen, bevor sie mit Gewalt entfernt wurde. Denn die Friedensstatue hat es nicht verdient, solche Misshandlungen zu erleben. Unsere Vorsitzende Nataly Jung-Hwa Han  bat im persönlichen Gespräch mit der Uni-Leitung darum, keine Retraumatisierung bei den Überlebenden anzurichten. Sie wartete vergeblich auf eine Antwort, jedoch wurde stattdessen die Friedensstatue Nujin in ein kaltes, dunkles Depot deportiert.

6. Wider  die Verleumdung!

In der Antwort an die Presse hebt das Präsidium hervor: „Die Aufstellung der Statue geschah auf Initiative eines einzelnen Studierenden, nämlich des damaligen AStA -Vorsitzenden, der sich in seinem Studium mit dem Korea-Thema befasst hatte und persönliche Verbindungen zum Korea-Verein aufgebaut hatte. Verschiedentlich war zu hören, die Aufstellung sei dauerhaft geplant gewesen. Darüber, woher diese Falschinformation kam, können wir nur mutmaßen. Fakt ist, dass die Hochschulleitung in keiner Weise gegenüber dem damaligen AStA-Vorsitzenden, dem jetzigen AStA, den Medien oder dem Korea-Verein den Eindruck erweckt hat, die Statue könne dauerhaft auf dem Campus verbleiben. Vielmehr wurde immer auf die wirksame befristete Genehmigung hingewiesen.“

Der damalige ASTA-Vorsitzende Tobias Schnoor ist erst im September 2022 einfaches Mitglied des Korea Verbands geworden und erst Anfang Dezember 2022 in den Vorstand gewählt worden. Sein Engagement für den Korea Verband kam also erst nach seinem Ausscheiden aus dem ASTA und nach dem Ende der documenta fifteen. 

„Es war dunkel, Es war kalt, Ich hatte Angst“, berichtete eine Überlebende des „Trostfrauen“-Systems über ihre traumatischen Erfahrungen in den Stationen an der Kriegsfront. Die Vorstellung von Nujin, in einem dunklen, kalten Lager der Universität retraumatisiert die Überlebenden in Indonesien, Korea und auf den Philippinen. Rechte Kräfte leugnen die systematische Sexsklaverei während der Kolonialzeit in Ostasien und verweisen auf Dokumente und Verträge der Täter. Die Uni Kassel rechtfertigt ebenfalls die Beseitigung der Statue auf diese inhumane positivistische Weise, indem sie nicht inhaltlich, sondern nur verwaltungstechnisch argumentiert und trägt zur Reproduktion kolonialer/faschistischer Strukturen bei.

Wir fordern die Universität Kassel auf, sich bei den Studierenden für die Entfernung der Friedensstatue Nujin zu entschuldigen!

Wir fordern die Universität Kassel auf, nicht länger die Tatsachen rund um die Aufstellung der Friedensstatue zu verdrehen!

Wir fordern die Universität Kassel auf, die Friedensstatue wieder an ihren ursprünglichen Platz zurückzustellen!

Wir fordern die Universität Kassel auf, den Willen der Studierendenschaft zu respektieren, mit der Friedensstatue auf sexuelle Gewalt an Frauen aufmerksam zu machen!

Wir fordern die Universität Kassel auf, sich bei Tobias Schnoor für die persönlichen Angriffe auf ihn und die Verleumdung seiner Persönlichkeit zu entschuldigen!

Wir fordern die Japanische Regierung auf, nicht länger auf die Entfernung von Friedensstatuen in Drittländern zu drängen, sondern auf eine gerechte Lösung der „Trostfrauen“-Problematik!

Wir fordern die südkoreanische Yoon-Regierung auf, das Leid der “Trostfrauen” nicht auf dem Altar falsch verstandener Annäherungspolitik zu Japan bereitwillig zu opfern!